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Für die Un-Abhängigkeit

Der Kreuzbund zeigt Flagge - Bannerträger im Gottesdienst der 50-Jahr-Feier
Der Kreuzbund zeigt Flagge

Seit 50 Jahren engagiert sich der „Kreuzbund“ in den acht Regionen des Bistums Aachen.

„Die Sucht fängt da an, wo man das Suchtmittel als Ausflucht benutzt“, sagt Ulrich Verlinden. „…es braucht und nicht darauf verzichten kann“, ergänzt Karen Sprenger. Beide wissen, wovon sie sprechen. Ihr Suchtmittel war Alkohol. Das ist lange her. Heute sind sie das „Kreuzbund“-Vorstands-Duo, der Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige als Fachverband im Caritasverband Aachen.

Es geht um die Un-Abhängigkeit. Das Loslassen der Sucht. Die Erkenntnis alleine genügt nicht. Sie sind Trinker und Zocker, Kiffer und Junkies. Auch wenn sie den Entzug durchgestanden haben, verlässt die Sucht sie ihr Leben lang nicht. Verbandsvorsitzende Karen Sprenger ist seit 23 Jahren trocken und beschreibt das „Suchtgedächtnis“, das das Leben bestimmt. Alkohol im Essen, das „triggert“, sagt sie: „Der Geruch, der Geschmack… Es ist nicht der Alkohol als solches. Ein Mon Chéri macht mich nicht besoffen, aber es macht etwas mit meinem Gehirn.“

Es ist die Erfahrung, die sie und die 30 weitere Gruppenleiter im Kreuzbund in den acht Regionen des Bistums weitergeben. Denn jeder der Gruppenleiter hat seine persönlichen Erfahrungen mit Abhängigkeiten. Ebenso überzeugt sind die Aktiven aber auch, dass „es möglich ist, abstinent zu werden“. Nur alleine, das geht aller Regel nach nicht. Und: Abstinent-Sein ist keine Bedingung für die Teilnahme an den Kreuzbund-Angeboten.

Der Kreuzbund bietet Menschen, die suchtgefährdet oder abhängig sind von legalen oder illegalen Substanzen oder von Verhaltenssüchten wie Glücksspiel- oder Onlinesucht seine Unterstützung an. Die größte Gruppe der Betroffenen stellen die Abhängigen der Gesellschaftsdroge Alkohol dar. Hier sind die „Fallen“ am größten, sagt Ulrich Verlinden als stellvertretender Verbandsvorsitzender. Kein Empfang, auf dem man nicht erklären müsste, warum man keinen Alkohol trinkt, kein Fußballspiel im Fernsehen, das nicht durch Alkoholwerbung unterbrochen wird.

Das Suchtverhalten hat sich in der 50-jährigen Verbandsgeschichte verändert. „Den reinen Alkoholiker gibt es kaum mehr“, sagt Verlinden. „Politox“ heißt der Fachbegriff, der die Mischformen der Süchte beschreibt. Das gilt vor allem für die jüngeren „Kreuzbündler“. Und jünger heißt in diesem Fall die Menschen ab Mitte 40. Komplex wird es, weil die Probleme, die die Gruppenmitglieder jede Woche zu den Gesprächskreisen mitbringen, so unterschiedlich sind: Während die älteren bereits auf die Rente zugingen, beschäftigten die Jüngeren die Schwierigkeit, nach ihrer „Suchtgeschichte“ eine Arbeitsstelle zu finden, Probleme in der Partnerschaft oder, unter Umständen, die Wohnung zu „halten“.

Das bringt auch Veränderungen in der Verbandsstruktur mit sich: Zu den fünf Fachbereichen zählen neben 55+, Öffentlichkeitsarbeit, Gender-, Frauen-Männer-Arbeit, Familie als System (Paare, Singles, Erwachense und Kinder von Abhängigen) auch der Jungkreuzbund. Darüber hinaus gibt es Überlegungen für ein Online-Angebot. Das allerdings sehen Karen Sprenger und Ulrich Verlinden eher skeptisch. Die persönliche Ansprache und damit die Möglichkeit zur Einschätzung einer Situation ist durch diese anonyme Form der Beratung nicht zu ersetzen, sind sie überzeugt.

Apropos Anonymität. Auch das ist ein Thema, denn zu ihrer Mitgliedschaft im „Kreuzbund“ wollen sich verständlicherweise nicht alle Nutznießer der Gemeinschaft bekennen. Schließlich wäre dann klar: Sie haben entweder ein akutes Problem oder eine „Geschichte“. So erklärt es sich auch, dass die 34 Gruppen, verteilt auf die Stadt und Städteregion Aachen, Heinsberg, Düren, Mönchengladbach, Kempen-Viersen, Krefeld und Teilen der Eifel, zwar 410 Mitglieder zählen, aber die tatsächliche Besucherzahl der Gruppen nach Schätzungen der Verbandsvorsitzenden Karen Sprenger wohl doppelt so hoch ist.

-- Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 39/2019 | Dorothée Schenk --

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